Tech N9ne – “Wenn man der Hip-Hop-Präsident werden will, dann muss man eben auf Wahlkampftour gehen!”
In Europa ist er eher den Insidern bekannt, in den USA verkauft Aaron Yates alias Tech N9ne bis zu 200 000 Exemplare seiner Alben, füllt 4000er-Hallen. Mit 41 Jahren ist er bei-nahe ein Rapveteran – mit einer unge-wöhnlichen Erwerbs-biografie. Nachdem er sich in den 90er-Jahren mehrfach mit der Musikindustrie überworfen hatte, gründete er 1999 die Firma Strange Music, ist seither in allen Belangen (CDs, Livegeschäft, Merchandise) sein eigener Chef, betreut längst auch andere Künstler – mit klei-neren Budgets, umso stabiler. „Boiling Point” heißt sein letztes Minialbum.
Tech N9ne nicht in Rendite, sondern in Facebook-Freunden und Gratis-Downloads – aber das heißt nicht, dass sie im richtigen Moment das richtige Angebot ablehnen würden. Bekanntester Pappenheimer ist A$AP Rocky, goldbissiger Rapper aus New York, Mixtape-Champion mit eigener Gang. Ende 2011 unterschrieb er für angeblich 3 Mio. Dollar Vorschuss bei RCA Records. Für so viel, dass sich einige Freunde und Blogger verraten fühlten.
Kann man den Leuten beibringen, plötzlich für Musik zu zahlen, die vorher umsonst war? „Glaube ich schon. Die echten Fans werden einen Künstler mit dem Kauf der CD oder einem legalen Download supporten”, sagt Kristian Lesic, A$AP Rockys Produktmanager beim deutschen Konzern Sony. „Die anderen besorgen sich das Album illegal, aber das sind die, die so oder so kein Geld für Musik ausgeben.” Das erste käufliche (und ziemlich gute) Rocky-Album „Long. Live. A$AP” landete in Deutschland auf Rang sechs der Download-Charts, in den USA sogar auf Platz eins. Kein Riesengeschäft, aber ein Indikator.
Nicht alle sind solche Musterknaben. Nicht alle lassen sich mit dem Geld locken, um das es doch geht. Death Grips zum Beispiel, ein Raptrio aus Sacramento, hatten Anfang 2012 beim Sony-Konzern unterschrieben. Hatten im Oktober trotzdem eine neue Platte gratis ins Netz gestellt – Coverfoto: ein steifer Penis, rotstichig fotografiert. Als Sony-Verantwortliche wütende Mails schrieben und fragten, was die Gruppe sich denken würde, die durch Firmenvorschüsse finanzierten Aufnahmen zu verschenken, posteten die Strolche die Nachrichten ungeschwärzt auf Facebook, Statuszeile: „HAHAHAHAHAHAHA NOW F### OFF”. Der Coup brachte viel Applaus. Death Grips sind jetzt übrigens wieder independent.